Klärungsorientierte Psychotherapie


Die Basis der Klärungsorientierten Psychotherapie

Die Klärungsorientierte Psychotherapie hat sich aus der Gesprächspsychotherapie (Humanistische Psychotherapie) heraus entwickelt, indem sie deren Haltung mit Ansätzen aus der Motivationspsychologie und der Emotionsforschung anreicherte. Der Schwerpunkt liegt auf dem Erkennen emotional-gedanklicher Handlungsmuster (sogenannter Schemata), die sowohl unsere Verarbeitung als auch unser Handeln steuern, aber häufig gänzlich oder teilweise unbewusst ablaufen. Diese Schemata können im günstigen Fall zu unserem Wohlbefinden, einer gelingenden Partnerschaft oder dem Erreichen beruflicher und privater Ziele beitragen. Im ungünstigen Fall aber erschweren oder behindern sie, dass zentrale Bedürfnisse befriedigt werden. Unsere emotionalen Reaktionen werden dabei als eine Art „Seismograf“ betrachtet, die uns selbst Rückmeldungen darüber geben, ob Bedürfnisse befriedigt oder frustriert werden, Ziele in Aussicht erscheinen oder Gefahren anstehen.

 

Es kann allerdings im Laufe der Biographie dazu kommen, dass wir unsere Gefühle nicht mehr genau wahrnehmen und verstehen können und sich nur noch ein „diffuses Unwohlsein“ bemerkbar macht. Wir wissen dann, dass irgendetwas „falsch läuft“, sich „ändern müsste“, ohne genau erkennen zu können, um was genau es sich dabei handelt.

 

Wie die Klärungsorientierte Psychotherapie psychische Schwierigkeiten und Störungen betrachtet

Im Verlaufe unsere frühen Biographie entwickeln wir manchmal dysfunktionale Grundannahmen (Schemata) über uns selbst, Beziehungen und die Umwelt (z.B. „ich kann nichts“, „in Beziehungen werde ich nicht gesehen“ etc.). Diese Schemata steuern nicht nur die Art, wie wir unser Leben und unsere Welt sehen, sondern sie motivieren uns auch zu bestimmten Handlungen oder verhindern, dass wir gezielt Verhalten im Hinblick auf unsere Ziele anwenden können.

 

So wird jemand mit der Grundannahme „ich bin unattraktiv“ wesentlich weniger Strategien haben, neue Menschen kennenzulernen; jemand mit der Grundannahme „ich bin ein Versager“ wird weniger mutig und zielgerichtet berufliche Ziele verfolgen und so fort.

 

Dies kann soweit führen, dass psychische Grundbedürfnisse nicht mehr ausreichend befriedigt werden und sich in der Folge emotionale oder psychosomatische Symptome einstellen.

 

Was dies für die Praxis bedeutet

Die Stärke der Klärungsorientierten Psychotherapie liegt darin, widersprüchliches, diffuses Erleben für den/die Klient_in verstehbar zu machen. Sie hilft dabei, emotionale und gedankliche Muster zu erkennen, so dass die Klient_innen zunehmend besser verstehen, was ihre zentralen Bedürfnisse sind und welche Annahmen sie in ihrer frühen Biographie erworben haben. In der Psychotherapie können klärungsorientierte Elemente insbesondere am Anfang gut eingesetzt werden, wenn Sie eher „diffuse Störgefühle“ haben, zwar wissen, dass sich etwas ändern sollte, aber eigentlich nicht genau wisse, was Ihre Ziele sind. Sie hilft auch dabei, Beziehungsmuster zu verstehen und zu erkennen, was wir selbst dazu (häufig umbewusst) beitragen, dass unsere partnerschaftlichen, freundschaftlichen oder familiären Beziehungen nicht so laufen, dass wir damit zufrieden sind. Sind diese Muster im Laufe der Therapie ausreichend geklärt, bietet sie zudem Strategien an, diese Muster zu verändern.

 

Klärungsorientierte Psychotherapie und kognitive Verhaltenstherapie widersprechen sich dabei in keiner Form, sondern lassen sich gut miteinander kombinieren, was dann als „Klärungsorientierte Verhaltenstherapie“ (Hammelstein, 2011) oder „Allgemeine Psychotherapie“ (Grawe, 1998) bezeichnet worden ist. Es hat sich in der Psychotherapieforschung wiederholt gezeigt, dass die Wirksamkeit von Psychotherapie gesteigert werden kann, wenn bewältigungsorientierte (also verhaltenstherapeutische) und klärungsorientierte Interventionstechniken sinnvoll aufeinander abgestimmt werden. Je nach Ihrer individuellen Situation und Ihren Anliegen, werden wir gemeinsam erarbeiten, welche Schwerpunkte in Ihrer Behandlung im Vordergrund stehen.

 

weiterführende Informationen für Klient_innen:

Bücher:

  • Sachse, Rainer und Claudia (2005). Wie ruiniere ich meine Beziehung – aber endgültig. Klett-Cotta.
  • Sachse, Rainer (2016). Wie ruiniere ich mein Leben – und zwar systematisch. Klett-Cotta.

 

Links:

 

Weiterführende Fachliteratur:

  • Hammelstein, Ph. (2009). Kognitive Therapie, Schematherapie und Klärungsorientierte Psychotherapie: Vergleich einzelner Aspekte. In R. Sachse, J. Fasbender, J. Breil, & O. Püschel (Hrsg). Grundlagen und Konzepte Klärungsorientierter Psychotherapie. Göttingen: Hogrefe. S. 184-201.
  • Hammelstein, Ph. (2011). Arbeiten links und rechts des Rubikon - Klärungsorientierte Verhaltenstherapie. In AWP (Hg.). Neue Wege in der Psychotherapie. Beiträge zu Verfahrensvielfalt und Beziehungsorientierung. Bonn: Deutscher Psychologenverlag. S. 56-68.
  • Hammelstein, Ph. (2015). Kritische Funktionalität - Darstellung des Konzeptes und der therapeutischen Implikationen in der kognitiven Verhaltenstherapie. Verhaltenstherapie, 25, 304-311.
  • Sachse, R., Hammelstein, Ph. & Langens, T. (Hg.). Praxis der Psychotherapie von Persönlichkeitsstörungen. Göttingen: Hogrefe. (Reihe zur Fortsetzung ab 2010)
  • Sachse, R., Fasbender, J., Breil, J. & Püschel, O. (2009). Grundlagen und Konzepte Klärungsorientierter Psychotherapie. Göttingen: Hogrefe.